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Komplexe Tilgungen

 

Es gibt drei spezielle Arten von komplexen Tilgungen, die nun genauer dargestellt werden.

  1. Vergleichende Tilgung

Hier geht es um die Tilgung von „Vergleichsformen“. Damit werden Grade einer Eigenschaft oder eines Merkmales ausgedrückt (gleich / ungleich, groß / größer). Werden diese Adjektive getilgt, fehlt der jeweilige Bezug.

Es gibt hier wiederum drei Formen:

Positiv-Vergleiche

Es werden 2 Eigenschaften auf der gleichen Stufe miteinander verglichen.

Beispiele: alt, so alt wie / groß, so groß wie / schön, so schön wie….

Eine Tilgung liegt dann vor, wenn das Bezugswort für den Vergleich fehlt, d.h. wennnicht ausgedrückt wird, womit der Vergleich gemacht wird.

Mein Freund ist alt. – Frage: „Im Vergleich zu wem ist er alt?“

Dieses Buch ist interessanter. – Frage: „interessanter als was/welches?“

 Hier treffen sich die besseren Leser. – Frage: „besser als wer?“

Komparativ-Tilgungen

Der Komparativ ist die erste Steigerungsform der Adjektive (und einiger Adverbien).Komparative beinhalten einen Vergleich von zwei unterschiedlichen Sachen. Der Vergleich wird gebildet durch die Endung –er (z. B. schneller, besser, wichtiger).

Die Tilgung liegt dann vor, wenn eines der beiden Vergleichsobjekte nicht genannt wurde.

Das ist teurer. – Frage: „Im Vergleich wozu? Teurer als was?“

Superlativ-Tilgungen

Der Superlativ bildet die zweite Steigerungsstufe der Adjektive (und einiger Adverbien). Dieser wird mit der Endung –ste gebildet (z. B. schnellste, beste, wichtigste) und vergleicht mindestens drei Sachen oder eine Gesamtheit.

Eine Tilgung liegt dann vor, wenn die Vergleichsmenge, die zum Eigenschaftswort gehört, nicht genannt wird.

Der Gebrauch des Superlativs deutet darauf hin, dass ein Objekt mit einem anderen verglichen wird.

Er ist am schwierigsten. – Frage: „Im Vergleich zu wem ist er der Schwierigste?“ Hier fehlt das Bezugswort für den Vergleich.

Bei der Auseinandersetzung mit vergleichenden Tilgungen kannst du das getilgte Material mit Hilfe von zwei einfachen Fragen rekonstruieren:

Für Komparative:

„verglichen womit?“ / „gemessen woran?“ / „Besser als wer/was?“

Für Superlative:

„bezogen worauf?“/ „In Bezug worauf?“

Schritt für Schritt lässt sich die gesamte Vorgehensweise wie folgt beschreiben:

Schritt I:           Höre deinem Gesprächspartner zu, untersuche seine Oberflächenstruktur auf grammatische Marker für eine Komparativ- oder Superlativkonstruktion.

Schritt II:           Falls die Oberflächenstruktur deines Gesprächspartners Komparative enthält, musst du feststellen, ob die beiden miteinander verglichenen Objekte genannt werden. Falls Superlative vorliegen, musst du entsprechend feststellen, ob die Bezugsmenge genannt wird.

Schritt III:          Rekonstruiere für jeden getilgten Teil (der Tiefenstruktur) das fehlende Material, indem du die oben erwähnten Fragen stellst.

 

2. Adverbien-Tilgung

Adverbien sind Eigenschaftswörter, die sich auf Verben beziehen oder diese beschreiben.

Adverbien, die einen Umstand, eine Art, eine Beurteilung, eine Einschätzung beschreiben, nennt man Modaladverbien. Sie enden häufig auf „-weise“(bedauerlicherweise, klarerweise, erstaunlicherweise), aber auch offensichtlich, klar, logisch, zweifellos u.v.m. zählen als Modaladverbien. Getilgt wird dabei die bewertende Person.

Offensichtlich / Klar mögen mich meine Eltern nicht. – Diese Oberflächenstruktur kann wie folgt paraphrasiert werden: Es ist offensichtlich, dass meine Eltern mich nicht mögen.

 Solche Adverbien wie „klar“ und „offensichtlich“ in der Oberflächenstruktur, weisen oft auf Tilgungen der Argumente eines Prozesswortes oder Verbs der Tiefenstruktur hin.

Klärende Fragen sind: „Wem ist das offensichtlich?“ / „Woran merkst du, dass deine Eltern dich  nicht mögen?“

Es ist offensichtlich, dass er mich ablehnt. – Frage: „Für wen ist es offensichtlich?“

Zweifellos ist er mir überlegen. – Frage: „Zweifellos für wen?“

Erstaunlicherweise verlief der Eingriff reibungslos. – Frage: „Erstaunlich für wen?“

Merkwürdigerweise versteht mich hier keiner. – Frage: „Merkwürdig für wen ?“

3. Modaloperatoren

Oberflächenstrukturen dieser Art beinhalten häufig Regeln oder Generalisierungen, welche der Gesprächspartner in seinem Modell entwickelt hat.

a. Modaloperatoren der Notwendigkeit

Bei einer Aussage, die Modaloperatoren der Notwendigkeit enthält, wird die Konsequenz, die bei Regelmissachtung eintritt, getilgt.

Ich muss auf die Gefühle anderer Menschen Rücksicht nehmen.

Man muss auf die Gefühle anderer Menschen Rücksicht nehmen.

Es ist notwendig, auf die Gefühle anderer Mensch Rücksicht zu nehmen.

Die angeführten Oberflächenstrukturen behaupten, etwas müsse geschehen – sie drängen uns die Frage „oder etwa nicht?“ auf.

            Es ist notwendig, dass S1 (geschieht) oder (weil sonst) S2.

 S1 ist das, was die Oberflächenstruktur des Gesprächspartners als notwendig hinstellt, und S2 das, was geschieht, wenn S1 unterbleibt – also die Konsequenz der Nicht-Ausführung von S1. S1 und S2 werden als das getilgte Material identifiziert.

Du fragst:          Was wird andernfalls passieren? oder Was würde sonst passieren, wenn Sie… nicht tun würden / …das nicht täten?

Signalwörter: Ich/man muss …,du musst… – Es ist notwendig… – Man/ich sollte …, du solltest…

Beispielsätze und Fragetechnik:

Es ist notwendig, sich in der Öffentlichkeit anständig zu benehmen. – Was würde passieren, wenn du dich in der Öffentlichkeit nicht benimmst?

 Man sollte Menschen immer ernst nehmen.  – Was würde geschehen, wenn man Menschen nicht ernst nehmen würde?

b. Modaloperatoren des Möglichen

Sie drücken die Überzeugung aus, dass es Ziele gibt, die man aufgrund bestimmter Umstände nicht erreichen kann.

Es ist nicht möglich, zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr als einen Menschen zu lieben.

Niemand ist in der Lage, zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr als einen Menschen zu lieben.

Man darf zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr als einen Menschen lieben.

S1 verhindert, dass S2 möglich ist

S2 ist das, was die Oberflächenstruktur des Gesprächspartners als unmöglich hinstellt, und S1 ist das fehlende Material.

Du fragst:          Was macht es dir unmöglich, mehr als einen Menschen zu lieben? oder  Was hält dich davon ab, zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr als einen Menschen zu lieben? oder Was hemmt dich, zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr als einen Menschen zu lieben? oder Was hindert dich daran, zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr als einen Menschen zu lieben?

Signalwörter: es ist nicht möglich …, Niemand/keiner darf…, Ich/du/man/Menschen kann/können nicht…, Niemand ist in der Lage, niemand vermag…, es ist unmöglich…,     Ich/du/man/Menschen bin/bist/ist/sind außerstande…

Beispielsätze und Fragetechnik:

Es ist unmöglich, einen wirklich sensiblen Menschen zu finden. – Was hindert Sie, jemanden zu suchen, der wirklich sensibel ist?

Ich kann meine Frau nicht verstehen. – Was hindert Sie, Ihre Frau zu verstehen?

Es ist mir unmöglich, anderen zu vertrauen.  – Was hindert Sie daran, anderen zu vertrauen?

 

Schritt I:           Höre deinem Gesprächspartner zu, untersuche seine Oberflächenstruktur auf zuvor genannte Signalwörter und Wortgruppen.

Schritt II:           Falls Modaloperatoren der Notwendigkeit vorliegen, kannst du Fragen nach der getilgten Konsequenz oder dem getilgten Resultat dessen, was die Oberflächenstruktur deines Gesprächspartners als notwendig bezeichnet, verwenden.

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