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Trance

 

„Die therapeutische Trance ist ein Zeitabschnitt, während dem die Beschränkungen der eigenen gewohnten Bezugsrahmen und Überzeugungen vorübergehend aufgehoben werden, sodass der Betreffende für andere Assoziationsmuster und psychische Funktionsweisen empfänglich ist, die ihn einer Problemlösung näherbringen.“ (Milton H. Erickson/Ernest L. Rossi, Hypnotherapie)

 

Alice fing an sich zu langweilen. Sie saß schon lange bei ihrer Schwester am Ufer und hatte nichts zu tun. Das Buch, das ihre Schwester las, gefiel ihr nicht, denn es waren weder Bilder noch Gespräche darin. „Und was nützen Bücher“, dachte Alice, „ohne Bilder und Gespräche?“

Sie überlegte sich eben (so gut es ging, denn sie war schläfrig und dumm vor Hitze), ob es der Mühe wert sei aufzustehen und Gänseblümchen zu pflücken, als plötzlich ein weißes Kaninchen mit roten Augen dicht an ihr vorbeirannte. Dies war gerade nicht sehr merkwürdig, Alice fand es auch nicht sehr außergewöhnlich, dass sie das Kaninchen sagen hörte: „O weh, o weh! Ich werde zu spät kommen!“

(Als sie es später wieder überlegte, fiel ihr ein, dass sie sich darüber hätte wundern sollen; doch zur Zeit kam es ihr alles ganz natürlich vor.) Aber als das Kaninchen seine Uhr aus der Westentasche zog, nach der Zeit sah und eilig fortlief, sprang Alice auf; denn es war ihr doch noch nie vorgekommen, ein Kaninchen mit einer Westentasche und einer Uhr darin zu sehen. Vor Neugierde brennend, rannte sie ihm nach über den Grasplatz, und kam noch zur rechten Zeit, um es in ein großes Loch unter der Hecke schlüpfen zu sehen. Den nächsten Augenblick war sie ihm nach in das Loch hineingesprungen, ohne zu bedenken, wie in aller Welt sie wieder herauskommen könnte.

(Lewis Carroll: Hinunter in den Kaninchenbau)

 

In Wirklichkeit tut es jeder – dauernd. Das Problem ist nur, dass es niemand richtig merkt. Hypnose ist ein ganz natürlicher Vorgang, Hypnose ist nur ein Wort, mit dem wir Methoden kennzeichnen, die man systematisch anwendet, um jemanden in einen anderen Bewusstseinszustand zu versetzen. Jeder wechselt ja dauernd seinen Bewusstseinszustand. Wenn du beispielsweise im Fahrstuhl mit fremden Leuten in ein bestimmtes Stockwerk fährst, dann pass auf was mit ihnen passiert. Leute, die in einen Fahrstuhl gestiegen sind, verhalten sich nicht mehr normal. Irgendwie erstarren sie und sehen nur die Stockwerke vorbeiziehen. Wenn sich die Tür öffnet, bevor sie eigentlich aussteigen wollen, wachen sie oft abrupt auf und stürzen hinaus. Wer von euch ist noch nie im falschen Stockwerk aus dem Fahrstuhl gestiegen? Diese Erfahrung hat eine gewisse Universalität. Allgemein-menschliche Erlebnisweisen zu finden, Erfahrungen, die jeder macht – das ist der Schlüssel, mit dem man eine Hypnose einleitet und sie nutzt, mit welchem Ziel auch immer.

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