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Körpersprache

 

Die Körpersprache ist nicht nur die erste Sprache, die wir als Kind erlernen, sie zählt auch zu unseren wichtigsten Kommunikationsinstrumenten. Dennoch verlieren wir mit dem Erwachsenwerden einerseits oft die Fähigkeit unsere Körpersprache gezielt einzusetzen und andererseits das Verhalten anderer korrekt wahrzunehmen. Im Umgang mit Menschen ist die richtige Wahrnehmung allerdings oft von großer Wichtigkeit. Die sinnlich konkrete Wahrnehmung kann man lernen. NLP lehrt uns, unser Gegenüber zunächst nicht als glücklich, gelangweilt oder traurig wahrzunehmen, sondern deskriptiv vorzugehen. Wir sehen etwa, wie unser Gegenüber den Kopf hebt, in welche Richtung die Augen wandern, ob die Arme verschränkt sind oder die Beine übereinander geschlagen sind.

Folgende Liste enthält einige Elemente der Körpersprache, die sinnesspezifisch wahrgenommen werden können:

  • Visuelles wahrnehmen (sehen): Atmung, Atemvolumen, Gesichtsfarbe, Augen, Blickrichtung, Feuchtigkeit, Pupillengröße, Muskelspannung, Haltung und Bewegung von Kopf, Schultern, Händen, Armen, Körper, Beinen, Ideomotorische Bewegungen, …
  • Auditiv wahrnehmen (hören): Sprechtempo, Tonlage, Lautstärke, Timbre, …
  • Kinästhetisch wahrnehmen (fühlen): Temperatur, Feuchtigkeit, Muskelspannung, Druck, …
  • Olfaktorisch wahrnehmen (riechen): Alkohol, Schweiß, Parfum, …

„Gedacht heißt nicht immer gesagt,

gesagt heißt nicht immer richtig gehört,

gehört heißt nicht immer richtig verstanden,

verstanden heißt nicht immer einverstanden,

einverstanden heißt nicht immer angewendet,

angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.“[1]

Sinnlich-konkrete Wahrnehmung von Zorn:

  • Augen weit aufgerissen
  • Blick geradeaus
  • senkrechte Stirnfalten
  • zusammengepresste Lippen
  • Kinn vorgeschoben

Sinnlich-konkrete Wahrnehmung von Freude:

  • Augen weit, groß
  • Blick nach oben rechts
  • gerötete Wangen
  • Lippen leicht voneinander gelöst
  • kleine Mundfalten

Die sinnesspezifisch konkrete Wahrnehmung ist die Grundlage des Kalibrierens.

NLP geht von einer Einheit von Körper und Geist aus. Fast alle körperlichen Vorgänge werden vom Unbewussten reguliert. Die Gesamtheit der Körperempfindungen wird im NLP dem kinästhetischen Sinnessystem zugeordnet. Genaues Wahrnehmen bezieht sich auf die Körpersignale anderer Menschen und ihrer Physiologie. NLP-geschulte Personen achten auf die Zugangshinweise des Körpers, um Informationen über innere Prozesse anderer Menschen zu bekommen. Innere Zustände sind zugleich körperliche und geistige Zustände. Sie äußern sich auch in einer bestimmten Atmung und einer bestimmten Art, den Körper zu bewegen. Diese Tatsache wird im Konzept der Bewegungsanker verwendet, um Körperbewegungen mit erwünschten inneren Zuständen zu koppeln und miteinander zu verankern.

Die Körpersprache anderer Menschen enthält erstaunlich viele Informationen, die Auskunft geben über ihre Befindlichkeit, ihren inneren Zustand und ihre inneren Prozesse. Die Menge an Informationen, die in Körpersignalen enthalten ist, ist unvorstellbar groß. Rein quantitativ betrachtet, senden wir in jeder Sekunde 10 Millionen Bit an die Umwelt (32 Prozent über das Skelett, 26 Prozent über die Hände, 23 Prozent über die Sprachmuskeln und 19 Prozent über das Gesicht). Die Menge an Informationen, die wir über verbale Sprache transportieren, ist demgegenüber verschwindend klein. Körpersprache ist somit ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation. Die verbale Informationsvermittlung macht hingegen einen relativ kleinen Teil der Kommunikation aus. Bewusstsein ist ein Auswahlprozess und kulturell sind wir trainiert, bewusst auf die wenigen Informationen, die in Worten enthalten sind, zu achten und den riesigen Kosmos der Körpersprache nicht wahrzunehmen (vielleicht eine Auswirkung des mechanistischen Weltbildes). Was „sehen“ Sie, wenn Sie sich im Spiegel ansehen?

Kommunikation zwischen zwei Personen ist ein Informationsaustausch in folgenden Größenordnungen: Jede Person sendet über ihren Körper 10 Millionen Bit pro Sekunde. Jede Person empfängt über ihre Sinne mindestens 10 (vielleicht sogar 100 oder 1.000) Millionen Bit pro Sekunde. (Die genauen Zahlen sind umstritten, spielen aber für die folgende Argumentation keine Rolle). Dazwischen steht das Bewusstsein, das ungefähr 10 Bit pro Sekunde an Informationen enthält: höchstens ein Millionstel der Informationen, die wir bekommen und die wir aussenden, ist uns bewusst. Wie nehmen viel mehr Bits auf und geben viel mehr Bits ab, als uns überhaupt bewusst wird.

Daraus kann folgender interessanter Schluss gezogen werden: Andere Personen wissen potentiell viel mehr über uns, als wir über uns selbst wissen, da ihnen über unsere Körpersprache Wissen transportiert wird, das nicht in unser Bewusstsein gelangt (Norretrander). Wesentliche Teile unserer Persönlichkeit existieren jenseits unserer eigenen Aufmerksamkeit, sind aber für alle anderen vorhanden und sichtbar.

Im NLP trainiert man, Signale des Körpers wahrzunehmen, die im kulturellen Wahrnehmungstraining verborgen bleiben. Körpersignale werden im NLP Zugangshinweise genannt. Manche Personen, die dieses Training ernsthaft betreiben, haben den Eindruck, „eine neue Welt zu betreten“, wo sie Informationen wahrnehmen und Informationen aussenden, die andere bewusst nicht erfassen. John Grinder und Richard Bandler haben einmal zu einem Klienten gesagt:

„Wir kommunizieren besser mit Ihrem Unbewussten als Sie selbst.“

Körpersprachliche Informationen werden manchmal als Meta-Botschaften über verbale Botschaften definiert. Im NLP wird dies nicht im Sinne einer Hierarchie gedeutet, wenn beide Botschaften zueinander inkongruent sind. D.h. es wird nicht der Standpunkt vertreten, die nonverbale Botschaft sei „wahrer“ als die verbale Botschaft. NLP interpretiert hier die „Meta“-Botschaft als „Para“-Botschaft: die beiden widersprüchlichen Botschaften stehen gleichberechtigt nebeneinander. Sie sind Ausdruck von nicht zusammenpassenden Teilen des Weltbildes einer Person: ein Teil wird verbal-sprachlich, der andere körper-sprachlich transportiert.

Körperwahrnehmung bedeutet Körperbewusstsein zu haben, d.h. sich seines Körpers bewusst zu sein. Weil wir unser Bewusstsein in jedem Augenblick auf tausend verschiedene Phänomene richten können, können wir uns unseres Körpers mehr oder weniger bewusst sein. Die Intensität, mit der wir unseren Körper erfahren, kann sehr unterschiedlich sein. Körperbewusstsein bedeutet ein Modell über den eigenen Körper, eine innere Landkarte präsent zu haben. Diese Landkarte ist nicht konstant, sondern ändert sich dauernd. Manchmal verfügen wir nur über ein reduziertes Körpermodell, wir sind uns unseres Körpers nur wenig bewusst, weil das Bewusstsein auf andere Inhalte gerichtet ist. Das Modell des Körpers verfügt dann – um in der visuellen Metapher zu bleiben – über weiße Flecken, wie in den alten Landkarten, in denen das unbekannte Gebiet als weiße Terra incognita eingetragen war. Körperbewusstsein ist die Fähigkeit, in den Körper „hineinzusehen“ (visuell), in ihn „hineinzuhorchen“ (auditiv), ihn „zu spüren“ (kinästhetisch).

Menschen haben einen unterschiedlich guten Zugang zu ihrem eigenen Körper und nehmen daher auch Körpersignale unterschiedlich (stark) wahr. Ein Großteil der NLP-Techniken kann nur dann wirksam durchgeführt werden, wenn Menschen ihren Körper in einer gewissen Intensität wahrnehmen können. Zum Beispiel ist das „Horchen“ auf Körpersignale für Ja/Nein-Botschaften im Sechs-Stufen-Reframing essentiell. Im NLP wird die Fähigkeit zur Körperwahrnehmung positiv interpretiert. Körper und Unbewusstes gehören zusammen: Körperwahrnehmung fördert den Zugang zum Unbewussten, zu seinen Teilen und ihren guten Absichten. In NLP geht es nicht darum, „im Körper zu versinken“ oder „sich seinen Gefühlen hinzugeben“. NLP betont das Moment der Selbststeuerung, eines produktiven Umgangs mit den Gefühlen. Erwünschte Gefühle können verstärkt werden, indem Menschen ihr Erleben assoziierter genießen (Assoziierungstechniken des NLP). Unerwünschte Gefühle können abgeschwächt werden, indem Menschen sich von ihrem Erleben mehr dissoziieren (Dissoziierungstechniken des NLP).

Viele NLP-Techniken sind geeignet, die Fähigkeit zur Körperwahrnehmung zu schulen und zu verbessern. Ein Beispiel ist die sogenannte transderivationale Suche nach Ressourcen (diese Technik wird bei vielen NLP-Interventionen angewandt): hier werden Gefühle aktiviert, um so Zugang zu Ressourcen aus der Vergangenheit zu bekommen. Viele NLP-Techniken beinhalten einen schnellen Wechsel innerer Zustände, die immer auch körperliche Zustände sind. Je mehr und je öfter Menschen den Zugang zu ihren Ressourcen schulen, desto leichter fällt es ihnen, ihren Körper wahrzunehmen, sensibel zu sein und auf seine Bedürfnisse zu achten.

[1] Konrad Lorenz (1903-1989)

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